Wie äussert sich AG zum Thema "Sexualität"?

Textauszug aus dem Buch Anatomie der Seele (gebundene Ausgabe) Das grosse Buch der Seele (Taschenbuch):

Die Sublimierung der Sexualität

Die Sexualität steht unter einem hohen Wahrzeichen: Sie ist eine Ausdrucksform des Dranges zur Vereinigung der Seelen auf der physischen Ebene. Als solche braucht sie auch auf den höchsten menschlichen Entwicklungsstufen nicht „überwunden“ zu werden. So wird auch der Mensch, der im Begriff steht, seine äonische Entwicklung abzuschließen, alle Gaben Gottes (zu denen auch die Sexualität gehört) mit Dank annehmen und gebrauchen. Nur wird er sie natürlich nicht mehr – wie früher – in die Mühle der Triebhaftigkeit werfen, aber auch nicht hinter Schloss und Riegel verdorren lassen.

Wer behauptet, die Sexualität müsse „überwunden“ werden und der Mensch, der innerlich reif und somit „über alles“ erhaben sei, brauche keine Sexualität mehr, stellt die Sexualität auf eine niedrige Stufe: Er degradiert sie im Grunde zu einem „niedrigen Trieb“. Er argumentiert (wenn auch vielleicht stillschweigend): Sie möge zwar für die Arterhaltung unerlässlich sein, derjenige allerdings, der die „tierische Stufe“ des Menscheins überstiegen habe, brauche sie nicht mehr und bemühe sich, sie abzutöten.

Nun denken die Himmlischen auch in der Frage der Sexualität anders als so manche Menschen. Wie kein Mensch in den Himmel kommt, nur weil er Vegetarier ist oder weil er keinen Alkohol trinkt, so ist auch die sexuelle Enthaltsamkeit noch kein Freipass für den Himmel, nicht einmal eine Freikarte für eine vornehme Loge im Theater des Lebens. Was hat der Himmel schon davon, wenn ein Mensch sich kasteit oder sogar kastriert? Gott verlangt vom Menschen nichts Unnatürliches. Er kennt ja die menschliche Natur, schließlich war er es, der diese Anlage in die Seele des Menschen eingepflanzt hat. Und die Anlage ist da, damit sie gelebt wird, damit die Seele, also Lebewesen und Mensch, all das, was in ihrer Natur enthalten ist, lebt und auslebt – und dabei lernt, es auf eine immer höhere Weise auszuüben. Der Mensch wird also, sobald er innerlich reifer ist, auch in sein sexuelles Leben die wahre Menschlichkeit einfließen lassen.

Die natürlichen Anlagen sollen veredelt und nicht abgetötet werden.

Der Himmel hat vor allem dann Freude am Menschen, wenn dieser sich menschlich zeigt und Verständnis und Liebe bezeugt. Jeder, der liebesfähig ist, wird in der gegebenen Situation wissen, was die echte Liebe von ihm verlangt. Dies kann auch eine schlichte Hingabe sein. So kann zum Beispiel jemand seinem Partner ermöglichen, sein sexuelles Bedürfnis auch dann auszuleben, wenn er dazu selber von innen her nicht gedrängt wird oder im Augenblick dazu keine Lust verspürt.

Nun gibt es aber für Christen in Sachen Sexualität ein wichtiges Argument für die Enthaltsamkeit und die Ehelosigkeit: Es wird auf Jesu Beispiel hingewiesen. Jesus war unverheiratet. Wer ihm also folgen möchte, müsse auf die Ehe verzichten. (Dies ist mit ein Grund für das Zölibat der katholischen Priester.) – Jesu Ehelosigkeit hatte indes andere Gründe: Sie hing mit seiner überaus hohen und ebenso schweren Aufgabe zusammen. Eine Familie hätte ihn schon in den langen Jahren seiner Vorbereitungszeit und erst recht während seiner öffentlichen Wirksamkeit nur belastet. Und selbst seine elterliche Familie hat ihn – zumindest anfänglich – nicht verstanden und meinte, „er sei von Sinnen“ (Mk 3,21).

...